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Vereistes Jämtland – Eine kurze Radreise zu den gefrorenen Seen und Wasserfällen Mittelschwedens

Richard Löwenherz


15. März 2016

Wieder einmal zog es mich hinaus in den skandinavischen Winter, wieder einmal mit dem Fahrrad. Nachdem ich im vergangenen Jahr versuchte, in Schwedisch Lappland das Kebnekaise-Massiv auf Schneemobilpisten zu umrunden, sollte es diesmal eine klassische Radtour auf Straßen sein. Ich hatte keine großen Ziele, wollte einfach raus aus dem Arbeitsalltag, Zeit unter freiem Himmel verbringen, die Ruhe der Natur genießen und... einen echten Winter spüren. Eine interessante Runde sollte es aber dennoch sein – durch einen Teil Schwedens, den ich noch nicht kannte und der auf mich schon seit einiger Zeit ein gewisse Faszination ausstrahlte: das Jämtland.

Am 2. März lande ich in Östersund, genaugenommen auf der Insel Frösön im Storsjön. Der See ist komplett gefroren, also versuche ich ihn zu queren. Auf der weiten Eisfläche liegen nur wenige Zentimeter Schnee, vom Wind verblasen, doch Fahren ist nur abschnittsweise möglich. Immer wieder versacke ich in verharschten Schneewehen und entscheide mich letztlich, zu Fuß weiterzugehen. An der Insel Norderön lande ich wieder an und fahre auf den üblichen Straßen weiter. Von der Insel runter geht es dabei noch einmal übers Eis. Zwei Spuren sind auf breiter Fläche freigeschoben, hier rollt es sich ganz bequem. Wenig später erreiche ich die erste Sehenswürdigkeit: den gefrorenen Ristafallet. Es ist ein Wasserfall, umgeben von bizarren Eisformationen und teilweise begehbaren Eishöhlen. Ein netter Vorgeschmack auf den Tännforsen – Schwedens größten Wasserfall – den ich als nächstes ansteuere. Diesen erreiche ich dann mitten in der Nacht. Ein ausgeschilderter Wanderpfad führt in den Wald. Ich folge dem dumpfen Rauschen, dann erreiche ich das Ende eines Sees, dessen Ausfluss sich mit lautem Getöse über eine 37 Meter hohe und 60 Meter breite Felskante hinabstürzt – was für eine Szenerie! Ich schleppe mein bepacktes Rad hinunter, um direkt zu Füßen des Wasserfalls mein Nachtlager aufzuschlagen. Im Licht der Kopflampe bestaune ich die riesige Eiswand, sie wirkt wie aus einer anderen Welt. Am nächsten Tag fahre ich bei sonnigem Wetter weiter bis an die norwegische Grenze – es ist der Wendepunkt der Tour. Von hier geht es nun auf einer nördlicheren Route zurück nach Osten. Ich mache einen Abstecher zum See Torrön, der von abgelegenen Fjälls umrahmt ist. Über eine Schneemobilpiste gelange ich aufs Eis und parke mein Zelt in einer weißen Einöde. Dauerschneefall hat sich eingestellt, ich bleibe einen Tag im Zelt, dann mache ich mich wieder auf den Weg. Bevor ich die Fjälls endgültig verlasse, entscheide ich mich aber noch zu einem spontanen Abstecher an den Mjölkvattnet – in der Hoffnung, noch eine klare Nacht mit Polarlicht über den Bergen zu erhaschen. Doch auch diesmal bleibt der Himmel bedeckt, nur kurz glimmt am Nordhorizont ein grünlicher Schein durch die Wolken. Mit Kurs Südost kehre ich allmählich zurück in besiedeltes Gebiet. Am Abend suche ich wieder einen Lagerplatz mit ungehindertem Nordblick. Am Näldsjön werde ich irgendwann fündig und zerre mein Rad auf einer langen Schneemobilpiste hinunter zum See. Der Himmel ist erstmals richtig klar, tausende Sterne funkeln, und das bereits zur blauen Stunde. Dazu Nebelschwaden, Raureif, beißende Kälte – eine herrliche Winterstimmung liegt in der Luft. Als das Zelt steht, gesellt sich noch das lang ersehnte Polarlicht hinzu. Kein aufregendes, aber endlich eins, das ich in voller Pracht beobachten und fotografieren kann. Die letzte Etappe zurück zum Flughafen ist schnell abgespult. Bei herrlicher Märzsonne erreiche ich nach 8 Tagen wieder den Ausgangspunkt der Tour – die Insel Frösön im Storsjön – und nächtige noch einmal unter freien Himmel. Als am Morgen des 11. März mein Flieger abhebt, taucht die aufgehende Sonne die umliegenden Fjälls in ein glühendes Rot – ein schöner Abschied von einer schönen Tour... Hej då Jämtland!

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